Toxischer Chef? Zwei simple Fragen geben dazu Hinweise

narzissmus bei führungskräften

Toxische Führungskräfte können nicht nur Mitarbeitern schaden, sondern auch ganze Teams oder gar Unternehmen ruinieren. Neue Forschungsergebnisse zeigen: Nur in jeder fünften Firma finden die Angestellten, sie würden wirklich gut geführt. Lediglich in jeder sechsten herrscht gemäss der Leadership-Forscherin Heike Bruch (HSG) eine Vertrauenskultur.

 

Viele Menschen leiden an ihrem Arbeitsplatz. Sie betreten die Firma mit einem flauen Gefühl, sie fürchten die Sitzungen mit den Kollegen oder dem Teamleiter, und nachts schlafen sie schlecht.

 

Zwei einfache Fragen zur Führungskraft geben Hinweise:

  1. Fühlen sich die Leute nach einem Treffen mit dieser Person verunsichert, erniedrigt, energielos oder lächerlich gemacht?
  2. Nimmt die Person Leute ins Visier, die weniger mächtig sind als sie selbst?

Stanford Prof. Robert Sutton sagt: ist die Antwort 2x Ja, ist die Führungsperson möglicherweise narzisstisch veranlagt und handelt machtorientiert.

 

Das Wohl ihrer Untergebenen interessiert narzisstische Führungskräfte kaum, der Erfolg ihres Unternehmens ebenso wenig. Für sie zählt nur die eigene Macht. Ihr Verhalten ist gekennzeichnet von einem Dominanzverhalten, Empathielosigkeit, dem Bedürfnis nach Bewunderung, Konfliktsuche oder einer latenten Selbstüberschätzung. Mit weitreichenden, negativen Folgen für das Team, die Performance und Innovationskraft.

 

Doch viele Firmen handeln nicht präventiv. Sie greifen erst ein, wenn sie einen konkreten Schaden feststellen. Das können eine hohe Kündigungsrate, zunehmende Krankheitstage, finanzielle Verluste oder ein Betrugsfall sein.

 

Dabei liesse sich die Toxizität mittlerweile gut messen – bei der Rekrutierung – wenn eine Firma dies will. Bis heute stehen bei Einstellungsverfahren meist die fachlichen Kompetenzen im Vordergrund, nicht die Eignung zur Führung.

 

Toxische Manager sind aber nicht allein für ein vergiftetes Arbeitsklima verantwortlich. In der Forschung spricht man vom «toxischen Dreieck». Dazu gehören:

  • der Mensch, der tyrannisch handelt
  • die Firma, die das erlaubt oder sogar fördert, weil Leistung das oberste Gebot ist und
  • die Leute, die mitmachen oder wegschauen

Wird erniedrigendes Verhalten toleriert, entsteht eine Kultur der Verachtung, die alle infiziert. Denn Bosheit und schlechtes Benehmen sind deutlich ansteckender als kooperatives Verhalten. Das zeigte eine Studie der Harvard Business School. Je näher die Leute mit toxischen Kollegen zu tun hatten, desto grösser war das Risiko, dass sie sich selbst in solche verwandelten.

 

Hinzu kommt, dass tyrannische Chefs gerne ähnlich veranlagte Personen um sich sammeln oder aber Personen, die sie nicht infrage stellen.

 

 

Was tun, wenn der Chef toxisch agiert?

  1. Direkt und möglichst frühzeitig Ansprechen. Denn Je länger Mitarbeitende schweigen, desto stärker verfestigt sich das toxische Verhalten. Leider ist es im Praxisalltag wenig der Fall. Und je höher eine Person aufsteigt, desto seltener greift jemand ein.
  2. Die eigene Gesundheit schützen und mögliche Stress-Signale vom Körper ernst nehmen. Und: nicht zu lange warten, sondern sich letzten Endes neu orientieren.

Denn ein weiteres Problem ist: Die Betroffenen merken meist zu spät, dass sie zum Spielball geworden sind. «Ein solcher Vorgesetzter kann sehr einnehmend sein», sagt der Psychiater Thomas Ihde, Chefarzt und Psychiater im Berner Oberland. Er lobt häufiger als andere Chefs, macht Komplimente und vermittelt einem das Gefühl, ein Vertrauter zu sein, zum Beispiel, indem er über andere Teammitglieder lästert. «Toxische Vorgesetzte arbeiten stark über Allianzen. Sie spielen die Leute gegeneinander aus.»

 

Es ist ein schleichender Prozess. Sobald die Beziehung gefestigt ist, zeigt der Chef seine andere Seite. Widerspruch nimmt er persönlich, in seinem System gibt es nur Freund oder Feind. Er wird verletzend und unberechenbar, mal wird belohnt, mal bestraft, nie weiss man, woran man bei ihm gerade ist. Dies zermürbt die Mitarbeitenden. Gemäss Ihde suchen die Betroffenen den Fehler in der Regel sehr lange bei sich selbst. Sie zweifeln an ihren Fähigkeiten, denken, sie leisteten zu wenig, und ziehen sich zurück. Oft schlafen sie schlecht.

 

Früher habe man beim Wort Akutpsychiatrie an Leute mit Wahnvorstellungen gedacht, sagt der Psychiater Ihde. «Heute sind die häufigsten psychiatrischen Notfälle Menschen mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz.» Auch die Mehrzahl der Patienten, die stationär behandelt werden müssen, sind wegen ihres Jobs in der Psychiatrie angekommen.

 

Reflexionsfragen für Sie:

  • Wie (un-)toxisch würden Sie ihr Arbeitsumfeld beschreiben? Auf einer Skala von 1-10?
  • Was tun Sie selbst, um das Klima im Team positiv zu gestalten?
  • Was unternehmen Sie, um sich mental stark und widerstandsfähig zu halten?

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